LOOKING BACK, OVER MY SHOULDER – DAS ERSTE BERLINALE-WOCHENENDE IM ZEITRAFFER II: SAMSTAG

Neuer Tag, neues Glück. Zurück im Panorama tingeln wir fröhliche anderthalb Stunden mit FRANCES HA durch ein schwarzweißes New York. Im Stil der Nouvelle Vague und mit Musik von George Dellerue unterlegt, erlebt der Zuschauer Höhen und Tiefen des Lebens nach der Uni. Alle anderen Zeiten im Leben werden ständig filmisch beleuchtet, aber die Zeit, bis man – nach erfolgreicher Ausbildung – auf eigenen Beinen steht, ist selten Thema. Charmant und witzig wie tragisch, aber immer komisch, wie das Leben eben selbst, zieht Frances in und aus WGs, verliert und findet Freunde, kämpft mit dem Traumjob, der Liebe, dem Leben. Um sie herum eine Reihe wunderbarer Figuren, die lauter Szenen produzieren, die hochstilisiert sind und doch unglaublich wahr.

Verträumt geht es weiter in die harte Realität im kanadischen Wald. Sam Rockwell erschießt aus Versehen beim Jagen eine Frau, versteckt sie, nimmt einen Koffer voll Geld mit und wundert sich schließlich, dass sein Leben zum Albtraum wird. Sehr atmosphärisch und vom Akzent her geradezu unverständlich, ähnelt der Forumsbeitrag in Bildern und Stimmung sehr WINTER’S BONE. Und wie eben diesem, fehlt auch A SINGLE SHOT die Möglichkeit der Identifikation. Im tiefen Wald ist alles hässlich, sind alle seltsam, und Mitleid will mit niemandem so recht aufkommen. Einzig heraus sticht – wie immer – William H. Macy als verschrobener Anwalt. Leider taucht er nur kurz auf.

Die Spätvorstellung gehört einem Experiment aus Österreich im Forum. Acht Jahre lang hat die Crew von SHIRLEY – VISIONS OF REALITY daran gearbeitet, aus den Bildern Edward Hoppers einen Film zu machen. In 13 Tableaus, die mit unglaublichem – leider unbemerktem – Aufwand exakt den Gemälden Hoppers nachgebaut wurden, erzählt der Film, die Geschichten, die sich hinter den Momentaufnahmen des Malers verbergen könnten. Mit unendlicher Langsamkeit und als innerer Monolog einer Frau erzählt, passiert so gut wie nichts. Der Nachbau der Bilder ist beeindruckend und so ist die Performance der Darsteller in ihren fast nicht vorhandenen Bewegungen. (Für die Hauptrolle wurde extra eine Tänzerin und keine Schauspielerin gecastet.) Allerdings hätte man in acht Jahren Entwicklungszeit dieses Projekts vielleicht ein paar Dialogzeilen mehr schreiben können, ganz zu schweigen von ein wenig Handlung.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.